Sonntag, 14. Februar 2016

New Hampshire: Zwei Sieger, fünf Gewinner

Wahlkampfveranstaltung in New Hampshire.
Trump und Sanders heißen die Sieger der Vorwahl in New Hampshire. Gewinner gibt es allerdings noch mehr. Deshalb ist das Ergebnis dieser Wahl auch kein Menetekel für die kommende Präsidentschaftswahl. Nicht bei den Demokraten, weil die Begeisterung für Bernie Sanders in New Hampshire keinesfalls die Stimmung im Land wiederspiegelt, und nicht bei den Republikanern, weil deren breites Kandidatenfeld die Ergebnisse verzerrt. Auch wenn mit Chris Christie und Carly Fiorina zwei weitere Kandidaten nach der Wahl am Dienstag aufgegeben haben, wird diese Vielzahl der Kandidaten Donald Trump auch weiterhin nutzen. 

Meine fünf Gewinner und fünf Verlierer im Einzelnen:

1. Bernie Sanders (D): Er ist der Sieger der demokratischen Vorwahl. Für den Senator aus Vermont war die Wahl im Nachbarstaat ein Heimspiel. Zweifel an seinem Sieg hatte am Ende eigentlich niemand mehr. Nur die Deutlichkeit hat überrascht. Obwohl sich Hillary Clinton nach ihrem knappen Sieg in Iowa mit voller Kraft in den Wahlkampf gestürzt hat, konnte sie nichts mehr bewegen. Die Nagelprobe steht der Kampagne von Bernie Sanders aber noch bevor: Bei den kommenden Vorwahlen im Süden der USA steht Hillary deutlich besser da.

2. Donald Trump (R): Der Sieger der republikanischen Vorwahl. Keine Frage, dieser Sieg war eine Genugtuung für „The Donald“. Hatte er es in Iowa, wohl auch wegen des komplizierteren Caucus-Verfahrens, noch nicht geschafft, seine Wähler zur Wahl zu bewegen, war es in New Hampshire ganz anders. Trump holt die prognostizierten 35% und distanziert die Meute seiner Verfolger deutlich. Was ihm zudem in die Karten spielt: Auch bei den gemäßigten Republikanern dürfen sich zwei als Gewinner fühlen. Sie werden ihre Kandidatur fortsetzen und so helfen, die Gegner Trumps weiter in verschiedene Lager aufspalten. Aber dazu später mehr.

3. John Kasich (R): Der Gouverneur von Ohio hatte im Wahlkampf das konservative Iowa links liegen gelassen und sich voll auf New Hampshire konzentriert. Das hat sich ausgezahlt: Aus dem Stand erreicht er mit knapp 16% den zweiten Platz bei der Abstimmung. Mit seiner positiven, leisen Kampagne, die weitgehend ohne Negativwerbung auskommt, ist er quasi der Anti-Trump. Mit dem zweiten Platz in New Hampshire ist er über Nacht von einem Außenseiter zu einem ernsthaften Bewerber geworden. Fürchten müssen ihn jedoch vor allem seine gemäßigten Kollegen: Er holt die Stimmen, die auch Rubio und Bush gerne hätten. Kasich hat nun das Momentum und die Möglichkeit, auch bei der kommenden republikanischen Vorwahl in South Carolina zu punkten. Allerdings muss er dort noch die Wahlkampfstrukturen schaffen, die seine finanziell besser aufgestellten Kollegen schon besitzen. Überfüllte Säle bei seinen ersten Veranstaltungen und steigende Umfragezahlen dürften ihm dabei aber Mut machen.

4. Ted Cruz (R): Der Sieger von Iowa kam in New Hampshire zwar nur als dritter ins Ziel, aber mehr war auch nicht erwartet worden. Die evangelikale Basis, auf die sich der Senator aus Texas stützt, ist in New Hampshire nicht vorhanden. Wichtig für ihn: Er schnitt stattdessen in den Bezirken gut ab, die vor vier Jahren noch für den libertären Ron Paul gestimmt hatten. Diese Wähler könnten nach dem Ausscheiden von Rand Paul, dem Sohn von Ron, zu einer wichtigen Stütze seines Wahlkampfs werden.

5. Jeb Bush (R): Zwar nur der vierte Platz, aber auch bei Bush gilt: Immerhin. Die Kandidatur des Präsidentenbruders war schon mehrfach abgeschrieben worden, aber nie ganz untergegangen. Kein Wunder: Schließlich hat er eine recht volle Wahlkampfkasse. Nun zahlt sich der Einsatz erstmals – zumindest ein wenig – aus. Er landet nur knapp hinter Ted Cruz. Rechtzeitig vor der Vorwahl in South Carolina, bei der sich Bush Einiges ausrechnet, kann er so ein wenig Schwung aufnehmen. Man sollte aber nicht vergessen: Genau wie bei Kasich und Cruz hat er seinen Sieg auch dem schlechten Abschneiden von Marco Rubio zu verdanken.

Damit wären wir bei den Verlierern:

1. Marco Rubio (R): Der Senator aus Florida, den einige für den republikanischen Obama halten, war einer der Sieger in Iowa. Er hatte anschließend das „Big Mo“, das ganz große Momentum, den großen Schwung auf seiner Seite. Eine Fernsehdebatte und drei auswendig gelernte Antworten später drehte sich der Wind. Nun ist er der große Verlierer von New Hampshire. Sein offen kolportierter Plan 3-2-1, also Dritter in Iowa, Zweiter in New Hampshire und Sieger in South Carolina zu werden, ist schon nach der zweiten Abstimmung Makulatur. Seine Kampagne muss er nun ganz neu aufbauen oder spektakulär retten. Das Geld dazu hat er noch.

2. Chris Christie (R): Der Gouverneur von New Jersey hatte in der letzten republikanischen Fernsehdebatte zwar Marco Rubio versenkt, aber bei der Wahl nützte es ihm nichts. Da er, ähnlich wie John Kasich, den Hauptteil seiner Bemühungen auf New Hampshire konzentriert hatte, traf ihn sein mäßiges Abschneiden besonders empfindlich. Einen Tag nach der Wahl gab er bekannt, seine Kandidatur zu beenden. Um seine Wähler werden nun die anderen gemäßigten Kandidaten buhlen. Sein Hauptspender hat sich übrigens schon entschieden: Er unterstützt nun Gouverneur Kasich.

3. Carly Fiorina (R): Die ehemalige Managerin von Hewlett-Packard hatte bei ihrer Kandidatur eigentlich nur einen großen Moment: Sie war der erste Mitbewerber, der Donald Trump bei einer Fernsehdebatte in die Defensive brachte. Im September bescherte ihr dies in den Umfragen ein kurzes Zwischenhoch, das sie aber nicht halten konnte. Bei der Wahl in New Hampshire erreichte sie nur 4% der Stimmen, weshalb sie anschließend ihre Kampagne beendete.

4. Ben Carson (R): Hatte sich der pensionierte Neurochirurg mit seiner leisen, freundlichen Art zunächst viel Sympathie erworben, wirkte er je näher die Wahlen kamen seltsam blutleer. In Iowa wurde er das Opfer eines unsauberen Tricks von Ted Cruz, der per Twitter Gerüchte über ein vorzeitiges Ausscheiden von Carson verbreitete. Zur Sprache gebracht wurde das Thema jedoch von Donald Trump, von Carson war kaum etwas zu hören. Ein wenig Gegenwehr hätte ihm wahrscheinlich besser zu Gesicht gestanden. Wie in der öffentlichen Diskussion, so ging er auch in New Hampshire unter. Carson erreichte nur 2% der Stimmen.

5. Hillary Clinton (D): Nach ihrem knappen Vorwahlsieg in Iowa, wollte sie den zu erwartenden Sieg von Bernie Sanders in New Hampshire zumindest etwas niedriger ausfallen lassen. Das ist ihr nicht gelungen. Ihre Hoffnung liegt jetzt in Nevada und South Carolina, wo Ende Februar die kommenden demokratischen Vorwahlen stattfinden. Hier liegt sie – besonders bei Latinos und schwarzen Wählern – weit vorne. Auch wenn Sanders nun das Momentum besitzt, den Sieg in diesen Staaten wird sich die ehemalige Außenministerin nicht nehmen lassen. Clinton ist also alles andere als weg vom Fenster.

Auch alle die nun glauben, dass ein Präsident Trump nun unvermeidlich geworden sei, können beruhigt sein: Die Wahl in New Hampshire zeigt das nicht. Zwar hat Trump mit deutlichem Abstand gewonnen, aber dennoch mit nur 35%. Aufgrund seiner polarisierenden Art mobilisiert er im Zweifel auch für seine Gegner. Den gemäßigten Republikanern fehlt nur der Frontrunner, hinter dem sie sich formieren können. Gemeinsam kamen Kasich, Bush, Rubio, Christie und Fiorina auf knapp 50% der Stimmen. Spannend wird von daher sein, welche der drei gemäßigten Kandidaten als nächste aufgeben.

tl;dr: Trump und Sanders heißen die Sieger der Vorwahl in New Hampshire. Gewinner gibt es allerdings noch mehr. Deshalb ist das Ergebnis dieser Wahl auch kein Menetekel für die kommende Präsidentschaftswahl.