Freitag, 12. September 2014

Willich: Erst falsch, jetzt noch falscher

Die Sperrung des Willicher Marktplatzes für den Autoverkehr wäre ein Fehler. Ein noch größerer Fehler wäre es jedoch, das Bürgervotum zu diesem Thema zu übergehen.

Dass bei der Abstimmung über den Willicher Markt die Befürworter eines autofreien Platzes siegen, hat so kaum jemand erwartet. Die eigentliche Überraschung war jedoch die hohe Beteiligung der Willicherinnen und Willicher an dieser Wahl:  9.368 haben sich beteiligt, 52,6 Prozent davon haben für eine Sperrung des Platzes gestimmt.


Trotz dieses klaren Ergebnisses hat der Stadtrat sich am Donnerstag nicht dazu durchringen können, dem Votum zu folgen. Die Entscheidung wurde vertagt. Die Zeit soll genutzt werden, um einen Kompromiss zwischen Befürwortern und Gegnern der Sperrung zu schmieden. Schließlich, so die Argumentation, würde es sich nur um eine knappe Mehrheit von 450 Stimmen handeln. Außerdem hätten sich mit 54,6 Prozent nur knapp mehr als die Hälfte der Alt-Willicher an der Wahl beteiligt. Zum Vergleich: An den Kommunalwahlen, die im Übrigen den Stadtrat legitimieren, haben stadtweit ebenfalls „nur“  55,22  Prozent der Wähler teilgenommen.


Um eines klar zu stellen: Ich bin ein absoluter Fan der repräsentativen Demokratie. In dieser sind die gewählten Vertreter damit beauftragt, Sachfragen nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden. In der konkreten Frage nach der Zukunft des Marktplatzes hat sich der Rat jedoch lange um eine Entscheidung gedrückt. Am Ende hat man beschlossen, stattdessen die Bürger an die Urnen zu rufen. Das war feige. Schließlich offenbart sich nun, dass es unter den Ratsmitgliedern sehr wohl eine klare Meinung und eine stabile Mehrheit gegen eine Sperrung gibt. Statt sich dazu zu bekennen, setzte man jedoch darauf, dass mangelnde Mobilisierung oder eine bislang schweigende Mehrheit den Sperrungsplänen den Garaus machen würden. Dass die Abstimmung auch anders ausgehen könnte, wurde ignoriert. Das war dumm.


Nun hat Willich den Salat. Die Lösung, die der Stadtrat für besser hält, widerspricht einem sehr klaren Votum der Bürger. Für mich gibt es nur eine Lösung: Alle Ratsfraktionen - die sich ja auch samt und sonders für das Bürgervotum ausgesprochen hatten - respektieren nun die Entscheidung. Auf dieser Grundlage müssen jetzt kluge Entscheidungen für die Zukunft des Ortskerns getroffen werden. Nun eben autofrei. Anders als viele Befürworter der Fußgängerzone glauben wollen, wird sich durch die Sperrung alleine nämlich nichts zum Besseren wenden. Der große Platz muss nachhaltig mit Leben gefüllt werden, trotz Kirchenwand. Es braucht eine Initiative für größere Gewerbeflächen und bessere Mietpreise. Und die neugeschaffenen Sackgassen an der Bahn- und der Peterstraße müssen in die Aufwertung des Ortskerns einbezogen werden.


Mein Wunsch dabei: Bei diesen kommenden Entscheidungen verzichten die Ratsmitglieder auf Bürgervoten und verlassen sich nach alter und schöner Tradition wieder auf ihr eigenes Herz und Hirn. Die einzigen Bürgerbefragungen, die es künftig gibt, wiederholen sich alle fünf Jahre: Die Kommunalwahlen. Außer der Stadtrat kann tatsächlich einmal mit allen Optionen leben…


tl;dr: Der Umgang der Willicher Politik mit dem Bürgervotum zum Marktplatz ist eine Katastrophe.