Montag, 17. März 2014

Willich: Abgeordnetenwatch für unseren Stadtrat!

Der Willicher Kommunalwahlkampf hat offenbar sein erstes Thema gefunden: Die Bürgerbeteiligung in der Politik. Während die FDP bereits seit gefühlten fünf Jahren versucht, sich das Thema jeder Bürgerinitiative zu eigen zu machen, hat die SPD am Mittwoch die Forderung nach ortsteilgebundenen "Bürgervoten" in ihr Wahlprogramm geschrieben. Die CDU hat die Bürger hingegen - interessanterweise als einzige Partei - erstmals an ihrem Wahlprogramm mitwirken lassen.

Dabei hat ein regelrechter Wettbewerb um das Thema eingesetzt. Jeder möchte besonders bürgernah wirken und wirft den anderen, man muss sich ja abgrenzen, gerne vor „undemokratisch“ zu sein – zuletzt durch Herrn Gather und Herrn Röhrscheid (beide SPD). Stellt sich die Frage: Was ist eigentlich bürgernah? Ist es wirklich bürgernah, wenn man unterscheidungslos jede Bürgerinitiative unterstützt? Ist das eigentlich tatsächlich besonders demokratisch? Schließlich erhalten dort häufig Einzelinteressen Vorfahrt vor dem Gemeinwohl. Und: Wie sind die Vorschläge der Willicher Parteien zu bewerten?


Die Willicher SPD hat ein Alleeschulproblem. Getrieben von einem ihrer Anrather Mitglieder dreht sich alles nur noch um die Alleeschule. Dabei ist das Thema durch, der Notarvertrag unterschrieben. Und anders als in der Hitze des Gefechts von SPD-Vertretern behauptet, wurde die Schule weder abgerissen noch der Schulhof verkauft. Das stattdessen wohl bald Hochschulkurse im alten Schulgebäude stattfinden werden und die Hochschule Niederrhein so ein Standbein in Willich erhält, ist eigentlich etwas auf das jeder in unserer Stadt stolz sein könnte. Aber die SPD hat sich verrannt. Dies zeigt auch die seltsame Idee mit den ortsteilbezogenen Bürgervoten. Geht es nach den Sozialdemokraten, sollen künftig 15% der Wahlberechtigten eines einzigen Ortsteils diktieren können, was auf die Tagesordnung des Stadtrates gehört. Hintergrund ist auch hier die Diskussion über die Alleeschule, die zwar in Anrath ein Thema war, aber stadtweit nicht verfangen hat. Dies scheint der eigentliche Ideengeber und der Grund für die Betonung der Ortsteile zu sein. Die Stadtratsdebatte über unterschiedliche Stimmengewichtungen geht deshalb meines Erachtens am eigentlichen Thema vorbei. Was würde das denn heißen, wenn dieser Vorschlag durchkäme? Künftig ginge es wieder nur um Ortsteile und den eigenen Kirchturm. Diese Idee wäre das Ende unserer Stadt. Es gäbe nur noch einen Verbund von Ortsteilen. Zurück ins Jahr 1960. Etwas weiter als über die Alleeschule - um die es dann ja gar nicht mehr ginge - hat bei der SPD wohl keiner nachgedacht. Das ergibt sich schon aus den interessanten ungeklärten Nebenaspekten: Dürfen die Bürger in Clörath-Vennheide dann mit Anrath stimmen, oder müssen sie in Neersen – zu dem die Hohnschaft vor der kommunalen Neugliederung 1970 gehörte – mitentscheiden? Was wäre mit Klein-Jerusalem? Schließlich gehörte dieser Teil von Neersen bis 1970 zu Schiefbahn. Anrath dürfte sich, dank des Klein-Kempener-Zipfels über Stimmen aus Wekeln freuen.


Was derweil die Willicher FDP in Sachen Bürgerbeteiligung unternimmt, hat ein Muster. Gleich zweifach: Zum einen springt die FDP auf jede Bürgerinitiative auf und möchte deren „parlamentarischer“ Arm sein, zum anderen übersteuert sie dabei mal wieder, indem sie diesen Anspruch gleich auf alle Empörten ausdehnt. Letztlich kann man den Eindruck gewinnen, dass es gar nicht um die Anliegen der Bürger, sondern nur um ihre Wählerstimmen geht. Wer für den Wahlerfolg eigene Grundsätze über Bord wirft, läuft langfristig auf Grund. Die FDP dürfte in Person von Thomas Brandt im Sozialausschuss einen Vorgeschmack darauf bekommen haben (vgl. Rheinische Post vom 08.03.2014: „Seniorenheim kein Wahlkampfthema“). Die Bürger sind oft klüger als einige denken und durchschauen solche Spielchen.


Wie sich die CDU, die sich selber gerne als Mitmachpartei sieht - und so zumindest dem eigenen Anspruch nach nicht aufs Verhindern, sondern aufs Gestalten ausgerichtet ist - sich weiter positioniert, bleibt abzuwarten. Ich habe dazu eine eigene Idee eingebracht und mit Uwe Schummer bereits einen prominenten Unterstützer gewonnen. Über den folgenden Antrag entscheidet heute die CDU-Fraktion. Da Urheberrechtsstreitigkeiten bei Anträgen in Willich ja im Moment en vogue sind, veröffentliche ich ihn hier bereits vorab:


Antrag: Abgeordnetenwatch für den Stadtrat


Die Plattform abgeordnetenwatch.de ist eine spendenfinanzierte Website, auf der Bürgerinnen und Bürger öffentlich Fragen an politische Mandatsträger stellen können. Die Website ist moderiert, so dass keine Beleidigungen, kein Spam und keine Serienbriefe online gestellt werden können. Viele Abgeordnete im Bundestag und den Landtagen nutzen diese Website sehr gezielt für die Kommunikation mit dem Wähler. Das Angebot von abgeordnetenwatch.de ist auch auf kommunaler Ebene verfügbar und könnte sogar ohne Zustimmung des Stadtrates, zum Beispiel von interessierten Bürgern, gestartet werden. Die Union sollte hier meines Erachtens vorangehen und ein Zeichen für einen offenen Umgang mit den neuen Medien und mehr Bürgernähe setzen.


tl;dr: Wie die Willicher Parteien die Bürgerbeteiligung verbessern wollen und weshalb ich Abgeordnetenwatch für den Stadtrat möchte.